Expertenbeitrag
Künstliche Intelligenz in der Kreislaufwirtschaft
Wie KI die Transformation zur Circular Economy unterstützt und nachhaltige Geschäftsmodelle fördert
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Künstliche Intelligenz (KI) gilt als eine der Schlüsseltechnologien, um die Transformation zu einer ressourcenschonenden und abfallarmen Wertschöpfung zu beschleunigen. Werden digitale Technologien wie KI in einer Circular Economy (CE) in ganzheitliche Strategien eingebettet, können sowohl ökonomische Anreize geschaffen als auch ökologische Vorteile erzielt werden. Wie im Impulspapier „Künstliche Intelligenz für die Circular Economy“ (Reihe Prospektiven, Prosper-Kolleg an der Hochschule Ruhr-West) aufgezeigt, kann KI in unterschiedlichen Bereichen der CE messbare Verbesserungen erzielen.
KI in der Produktentwicklung
80 %
der zukünftigen Umweltwirkungen eines Produkts werden schon während der Entwicklung festgelegt.
Die Weichen für eine gelungene Kreislaufwirtschaft werden bereits bei der Konzeption neuer Produkte gestellt. In vielen Branchen basieren Produkte auf Rezepturen, etwa bei der Herstellung von Lacken oder Lebensmitteln. KI-Systeme sind inzwischen sehr gut darin, neue Rezepturen mit gewünschten Eigenschaften zu erstellen. Lebensmittelchemikerinnen und -chemiker des chilenischen Start-ups NotCo haben so auf der Suche nach veganen Alternativen für Milchprodukte neue Rezepte für eine Reihe von Produkten entwickelt, beispielsweise pflanzenbasierte Milch, Mayonnaise und Eiscreme. Da ihre Datenbank riesige Mengen an Rezeptdaten und Lebensmittelinformationen enthält, kann die KI auch einige ungewöhnlich klingende Zutaten in ihre Simulationen einbeziehen. Wer hätte gedacht, dass zum Beispiel Extrakte aus Ananas und Kohl eine perfekte vegane Milch ergeben würden?
Ein anderes Beispiel ist die Optimierung der Materialauswahl. Mithilfe selbstlernender Modelle können Unternehmen langlebige und leicht recycelbare Komponenten identifizieren und so spätere Abfälle bereits in der Designphase minimieren. Da 80 Prozent der zukünftigen Umweltwirkungen eines Produkts schon während der Entwicklung festgelegt werden, wirkt sich diese frühe Verbesserung stark auf den gesamten Produktlebenszyklus aus.
Effizienzgewinne in der Produktion
KI-basierte Optimierungsmethoden in der Herstellung tragen zu einer Reduktion von Ausschuss und höheren Ressourceneinsparungen bei. So zeigt das Konzept der Predictive Maintenance, wie vorausschauende Wartung die Lebensdauer von Maschinen erhöht. In Hamburg werden beispielsweise Kehrmaschinen mithilfe akustischer Sensoren und einer KI-Lösung der LUVIS AI GmbH kontinuierlich auf Abnutzung getestet. Das System erkennt frühzeitig Verschleißmuster und kann vor einem Ausfall warnen. Laut den Projektbeteiligten werden dabei Kosten für ungeplante Reparaturen deutlich gesenkt, wodurch sowohl Energie als auch zusätzliche Ressourcen eingespart werden.
„Wer hätte gedacht, dass zum Beispiel Extrakte aus Ananas und Kohl eine perfekte vegane Milch ergeben würden?"
Rückführung und Wiederverwendung durch KI
Ein essenzieller Bestandteil der Circular Economy ist die Rückführung (Reverse Logistics ). Hier unterstützt KI dabei, gebrauchte Produkte oder Materialien effizient zu sammeln, zu sortieren und gegebenenfalls aufzubereiten. Ein Beispiel ist das Sortieren gebrauchter Textilien: Ein schwedisches Forschungsprojekt nutzt eine Datenbank mit über 30.000 Textilien und KI-Algorithmen, um Materialtyp und Zustand zu erkennen. Schon eine Verbesserung der Sortiergenauigkeit um nur 1 Prozent zeigt nachweisbar positive Umwelteffekte, da die Wiederverwendung intakter Kleidungsstücke steigt und weniger Stoffe im Müll landen. Ein weiteres Beispiel kommt aus dem Circular Digital Economy Lab (CDEL) an der Hochschule Ruhr West (HRW). Dort werden Bildverarbeitung, Röntgentechnik und Roboter mit Schneidtechnologien kombiniert, um Elektroschrott präzise zu trennen. Dieser automatisierte Prozess ermöglicht eine besonders hochwertige Trennung seltener Metalle. Zudem können Entwicklerinnen und Entwickler durch die Analyse der gewonnenen Daten Rückschlüsse auf verbesserte Produktdesigns ziehen, was erneut Abfall und Kosten verringert.

Automatisiertes Recycling
Im Recyclingbereich kommt KI verstärkt zur Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung beim Sortieren von Wertstoffen zum Einsatz. Die deutsche Firma cleansort GmbH nutzt laserinduzierte Plasmaspektralanalyse, um wertvolle Metallpartikel in Abfallströmen zu erkennen und gezielt abzutrennen. In Norwegen wiederum arbeitet ZenRobotics mit einem robotergestützten System, das mithilfe künstlicher Intelligenz bis zu 6.000 Materialentnahmen pro Stunde durchführen kann. Durch dieses hohe Tempo und die präzise Trennung werden sowohl Arbeitskosten gesenkt als auch große Mengen an verwertbarem Material für den Recyclingmarkt gewonnen.
Messbare Vorteile für Wirtschaft und Umwelt:
Vorteile durch den Einsatz von KI sind unter anderem höhere Materialreinheit, reduzierte Betriebskosten, geringeres Abfallaufkommen sowie neue Geschäftschancen. KI-unterstützte Produktkonzepte und Recyclingverfahren erlauben auch neue Serviceangebote, zum Beispiel „Produkt-als-Service“-Modelle.
Allerdings gibt es auch Schattenseiten:
Der Energie- und Ressourcenverbrauch von KI-Systemen selbst sollte minimiert werden, um eine positive Klimabilanz zu erzielen. Gleichzeitig sind stabile Datenpools und vertrauenswürdige Austauschplattformen nötig.
Herausforderungen und Ausblick
Obwohl KI viele Potenziale bietet, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern, müssen Unternehmen und politische Akteurinnen und Akteure auch die Schattenseiten in den Blick nehmen. Der Energie- und Ressourcenverbrauch von KI-Systemen selbst sollte minimiert werden, um eine positive Klimabilanz zu erzielen. Gleichzeitig sind stabile Datenpools und vertrauenswürdige Austauschplattformen nötig, damit KI-gestützte Prozesse reibungslos funktionieren und alle Akteurinnen und Akteure – Herstellerinnen, Hersteller, Recyclerinnen, Recycler, Konsumentinnen und Konsumenten – davon profitieren. Ein wichtiger erster Schritt ist die Einführung des Digitalen Produktpasses, der als Träger solcher Informationen dienen kann. Es ist aber klar: Eine Schlüsselrolle kommt eindeutigen regulatorischen Rahmenbedingungen zu. Nur wenn gesetzliche Anreize und Kontrollen geschaffen werden, können sich zirkuläre Geschäftsmodelle langfristig gegen lineare Abläufe durchsetzen.
„KI-basierte Lösungen sind nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Letztlich entsteht ein Win-win-Effekt: Sie tragen zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz bei, während sie gleichzeitig neue Geschäftsmodelle und Wettbewerbsvorteile ermöglichen.“

Jan Quaing ist Experte bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt für die Themen KI, Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
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Michael Leitl begleitet Unternehmen bei der Transformation zur CE und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
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