Expertenbeitrag


Soziale Nachhaltigkeit 

Verantwortung und kluge Investition

​Soziale Nachhaltigkeit ist weit mehr als das bloße Abarbeiten sozialer Themen oder eine reine Pflichtübung. Sie ist eine strategische Investition in die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen und Gesellschaft.

Dimensionen der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit fragt im Kern danach, was wir heute tun müssen, um auch in Zukunft ähnlich gut oder sogar noch besser leben zu können. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet daher, in den Erhalt und Ausbau unserer Lebensgrundlagen zu investieren. Zu diesen Grundlagen gehören:

  • erstens der Schutz der Natur und der Zugang zu natürlichen Ressourcen (Ökologie), 
  • zweitens die Sicherung von Wohlstand und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit (Ökonomie)
  • und drittens der Erhalt des sozialen Miteinanders.



Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet, in den Erhalt und Ausbau unserer Lebensgrundlagen zu investieren."


„Soziale Beziehungen bilden die Grundlage für gesellschaftlichen Zusammenhalt und machen soziale Systeme produktiv und widerstandsfähig.“

Soziale Nachhaltigkeit als Fundament stabiler sozialer und wirtschaftlicher Beziehungen

Soziale Nachhaltigkeit umfasst all jene Strukturen, Prozesse und Handlungsweisen, die soziale Beziehungen ermöglichen und langfristig sichern. Denn gute soziale Beziehungen sind Voraussetzung für Kooperation und Austausch. Sie bilden zudem die Grundlage für gesellschaftlichen Zusammenhalt und machen soziale Systeme produktiv und widerstandsfähig. Werden hingegen Aspekte wie Rechtssicherheit, faire Arbeitsbedingungen, Bildungschancen und der Schutz von Menschenrechten vernachlässigt, so werden soziale Systeme instabil. Ungleichheit und soziale Spannungen führen zu Konflikten und schwächen das gesellschaftliche Gefüge. Aber nicht nur das: Auch die Wirtschaft ist auf ein stabiles soziales Umfeld angewiesen. Breiter gesellschaftlicher Konsens und ein funktionierendes Rechtssystem sind essenziell für wirtschaftlichen Erfolg und Innovation.

Soziale Nachhaltigkeit als Unternehmensverantwortung

An sozialer Nachhaltigkeit im Sinne eines gesellschaftlichen Miteinanders haben wir also ein kollektives Interesse. Dabei sind wir nicht nur Nutznießende stabiler sozialer Beziehungen, sondern tragen in unseren täglichen Interaktionen fortlaufend zu deren Erhalt bei, etwa wenn wir Absprachen und Regeln einhalten. Umgekehrt zerstören etwa Ungleichbehandlung oder opportunistisches Verhalten das sogenannte Sozialkapital. Daher tragen wir alle Verantwortung für seinen Erhalt. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, da sie einen enormen Einfluss auf andere Menschen haben. Als Arbeitgebende, Produzentinnen, Produzenten, Geschäftspartnerinnen und -partner sind sie mit einer Vielzahl von Stakeholderinnen und Stakeholdern verbunden. Ihre Entscheidungen und Handlungen haben konkrete Auswirkungen auf das Leben vieler Menschen. Nicht nur unmittelbar, sondern auch indirekt, etwa wenn die „Steuerausweichgestaltung“ von Unternehmen das generelle Vertrauen in das Steuersystem senkt.

Diese zugeschriebene Verantwortung äußert sich einerseits in gesellschaftlichen Erwartungen an das Handeln von Unternehmen, wie es uns insbesondere im Kontext öffentlichkeitswirksamer Skandale wie „Dieselgate“ immer wieder bewusst wird. Andererseits nimmt die Regulierung zu, nicht nur bei der ökologischen Dimension, sondern auch der sozialen – zum Beispiel beim Lieferkettengesetz und den derzeit stark diskutierten neuen Regeln der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Wenn Sie mehr zum Thema Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) lesen möchten, klicken Sie hier.  


Alle tragen Verantwortung für den Erhalt des Sozialkapitals – das gilt insbesondere für Unternehmen, da sie einen enormen Einfluss auf andere Menschen haben."


Unternehmen, die sich sozial nachhaltig ausrichten, betreiben jedoch weit mehr als eine bloße Pflichtübung. Sie investieren strategisch in die soziale Architektur ihres eigenen Erfolgs."

Kluge Investitionen in die soziale Architektur des Unternehmens

Unternehmen, die sich sozial nachhaltig ausrichten, betreiben jedoch weit mehr als eine bloße Pflichtübung. Sie investieren strategisch in die soziale Architektur ihres eigenen Erfolgs. Der Aufbau und Erhalt eines starken sozialen Netzwerks sowie einer Reputation als vertrauenswürdige Geschäftspartnerin, vertrauenswürdiger Geschäftspartner, faire Arbeitgeberin und fairer Arbeitgeber bilden Investitionen in das unternehmenseigene Sozialkapital, die sich langfristig auszahlen, etwa bei der Kundenbindung und der Attraktivität für Talente. Unternehmen, die die Interessen und Ansprüche relevanter Stakeholderinnen und Stakeholder sowie die sozialen Folgen des eigenen Handelns berücksichtigen, schaffen eine widerstandsfähige Basis für ihr eigenes Wirtschaften. Voraussetzung hierfür ist die Etablierung verbindlicher Rahmenbedingungen für Kooperation und sozialen Ausgleich – beispielsweise über den Betriebsrat. Darüber hinaus minimieren Unternehmen potenzielle Konflikte und Reputationsschäden, wenn sie soziale Risiken wie Diskriminierung und schlechte Arbeitsbedingungen frühzeitig erkennen und angehen. Wer die soziale Dimension ernst nimmt, betreibt somit gleichermaßen Risikoprävention wie Zukunftssicherung.


Der Weg zu sozialer Nachhaltigkeit im Unternehmen

Wie die ökologische und die ökonomische ist auch die soziale Dimension der Nachhaltigkeit komplex und vielschichtig. Ein integrierter Ansatz, der verschiedene Faktoren und Stakeholderinnen sowie Stakeholder einbezieht, ist daher zentral. So zeichnen sich etwa nachhaltige Arbeitsbeziehungen durch Chancengleichheit, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie sichere, gute Arbeitsbedingungen aus. Besonders wichtig ist die aktive Mitbestimmung der Beschäftigten: Wer echte Teilhabe ermöglicht, fördert nicht nur Engagement und Identifikation, sondern auch Vertrauen und Innovationsbereitschaft.

Auch im Umgang mit anderen Stakeholderinnen und Stakeholdern ist soziale Nachhaltigkeit mehr als nur ein Schlagwort. In der Zusammenarbeit mit Kundinnen, Kunden, Lieferfirmen und Finanzierungspartnerinnen und - partnern zeigt sie sich etwa in einem fairen, transparenten Umgang. Lieferantinnen und Lieferanten werden nicht nur nach Preis, sondern auch nach sozialen Kriterien ausgewählt. Und lokale Gemeinden werden in Entscheidungsprozesse einbezogen und durch gemeinwohlorientierte Initiativen gestärkt.

Unternehmen, die diese und weitere Faktoren zusammendenken und in den unternehmerischen Alltag integrieren, schaffen ein starkes soziales Fundament – eine Grundlage für langfristigen Erfolg und Resilienz. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen mit starker regionaler Verankerung kann soziale Nachhaltigkeit so zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden: Sie hilft bei der Gewinnung von Fachkräften und stärkt die Bindung von Beschäftigten ebenso wie die Beziehung zu lokalen Kundinnen, Kunden, Partnerinnen, Partnern und Netzwerken.


Was fördert die soziale Nachhaltigkeit in Unternehmen?

  • Chancengleichheit 
  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie 
  • sichere, gute Arbeitsbedingungen 
  • aktive Mitbestimmung der Beschäftigten / echte Teilhabe
Prof. Dr. Heiko Hoßfeld ist Professor für angewandte Betriebswirtschaftslehre an der University of Labour in Frankfurt am Main.
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Seit über zwanzig Jahren befasst sich Prof. Hoßfeld mit dem Verhalten von und in Organisationen – in Forschung, Lehre und Praxis. Zu seinen Themenfeldern zählen insbesondere Personal- und Organisationsmanagement sowie Nachhaltigkeit und Strategie. 


Die University of Labour ist die erste Hochschule in Europa in Trägerschaft der Gewerkschaften. Als Hochschule für eine mitbestimmte Arbeitswelt will sie Menschen fachlich stärken und ermutigen, die Lebens- und Arbeitswelt im Sinne einer gerechten und demokratischen Gesellschaft zu gestalten. In der Forschung ist es ihr Ziel, die Veränderungen der Arbeitsgesellschaft in ihrer Vielschichtigkeit zu erfassen und einen Beitrag zur Gestaltung von Arbeitswelt, Politik und Gesellschaft zu leisten.

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