
Portrait
Ressourcen schonen und wachsen – geht das?
Wie ein Mobilfunkanbieter wächst und dabei Ressourcen schont
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Smartphones, mobile Kommunikation und mobile Daten sind aus unserem Alltag schon lange nicht mehr wegzudenken. Selten setzen wir uns aber mit den Emissionen auseinander, die mit dieser zunehmend digitalen Lebens- und Arbeitsweise einhergehen. Angefangen beim Mobiltelefon selbst – seiner Produktion, Nutzung und Entsorgung – über den Energieverbrauch während der Nutzung bis hin zu den Energieverbräuchen durch die Netzinfrastruktur, die die Daten speichert, verarbeitet und überträgt.
Seit 2019 hat sich das Freiburger Unternehmen WEtell GmbH zur Aufgabe gesetzt, eine nachhaltige Alternative in der Mobilfunkbranche anzubieten. Mit seinen inzwischen 26 Mitarbeitenden bietet der Mobilfunkanbieter unterschiedliche Tarife für seine Privat- und Unternehmenskundschaft an.
WEtell hat nicht nur den Anspruch, Emissionen zu verringern, sondern zudem regenerativ zu wirken. Deshalb leistet das Unternehmen mehr für das Klima als es an Schäden verursacht. Das Unternehmenswachstum ist dadurch vom Ressourcenverbrauch entkoppelt. Mehr Mobilfunkverträge sorgen somit nicht für mehr Emissionen, sondern für mehr Klimaschutz. Aber wie kann das funktionieren?
Ressourcenverbrauch vermeiden und kompensieren
Erst einmal vermeidet das Unternehmen möglichst eigene Emissionen. So liegen die Server etwa auf der Windcloud, die mit Hilfe von Windkraft betrieben wird. Die Zusammenarbeit erfolgt überwiegend remote über digitale Tools, wodurch Arbeitswege gespart werden können. Wo Dienstreisen dennoch nötig sind, werden sie nicht mit dem Auto, sondern nur mit der Bahn unternommen. Die größten Einflüsse aber entstehen durch die Netzinfrastruktur. Da WEtell die bestehenden Netze lediglich nutzt, aber nicht selbst betreibt, liegen die hier entstehenden Emissionen nicht direkt in der Hand des Unternehmens. Deshalb berechnet WEtell sämtliche Emissionen, die für den Mobilfunk aller Kundinnen und Kunden entstehen und kompensiert diese. Dafür setzt der Mobilfunkanbieter auf europäische Projekte, bei denen aus Forstreststoffen Pflanzenkohle hergestellt und CO2 zeitnah und langfristig im Boden gebunden wird. Darüber hinaus beteiligt sich das Unternehmen an Solar- und Windkraftanlagen, verlost Balkon-Solarkraftwerke unter seiner Kundschaft und investiert in nachhaltige Start-ups.
Ein weiterer wichtiger Hebel, um Umwelt- und Klimabelastung zu minimieren, stellt die Verlängerung der Nutzungszeit der Mobiltelefone dar. Denn deren Herstellung verursacht ungleich mehr Energie als der gesamte Stromverbrauch für das Laden der Geräte. Das Unternehmen lockt deshalb nicht mit neuen Mobiltelefonen zum Vertrag, sondern wirbt dafür, alte Geräte länger zu nutzen. Daneben bietet es in Kooperationen mit Partnerinnen und Partnern gebrauchte, modulare und leicht reparierbare Geräte sowie Mietmodelle als möglichst nachhaltige Alternative an.
In allen drei Säulen nachhaltig wirtschaften
Nachhaltigkeit beinhaltet neben einer ökonomischen und ökologischen auch eine soziale Säule. Für die WEtell GmbH bedeutet das faire Tarife, größtmöglicher Datenschutz und ein fairer Umgang mit Kundinnen und Kunden, Kooperationspartnerinnen, -partnern und den eigenen Mitarbeitenden.
Untypisch für die Branche verzichtet der Mobilfunkanbieter deshalb etwa auf Lockangebote, gesteht seiner Kundschaft zu, Verträge monatlich zu kündigen und setzt auf übersichtliche Tarifangebote und ein eigenes Serviceteam. Um möglichst hohe Datenschutzstandards zu gewährleisten, werden Speicherdauer, Datenerhebung und -verwendung minimiert und es wird auf Transparenz gesetzt.
Personendaten und detaillierte Daten zum Mobilfunkverhalten werden voneinander getrennt.
Über seine Gemeinwohlbilanz macht WEtell kontinuierlich seine Leistungen öffentlich. Dafür hat sich das Unternehmen hinsichtlich Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologischer Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitentscheidung bewerten lassen. Ergebnis ist ein Bericht mit 547 Punkten zum Stand der Gemeinwohlorientierung im Unternehmen.
Lassen sich Wachstum und Ressourcenverbrauch auch langfristig entkoppeln?
Dieses System soll langfristig funktionieren und immer weiterwachsen können. Denn mehr Wachstum bedeutet nicht nur mehr wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch immer mehr nachhaltige Wirkung. Deshalb setzt das Unternehmen auf Wachstum, das die Entkopplung vom Ressourcenverbrauch und die faire Behandlung seiner Kundschaft nicht infrage stellt. Aus diesem Grund fließen zum Beispiel alle Gewinne aus der Förderung erneuerbarer Energien direkt in neue Investitionen in weitere Klimaschutzmaßnahmen.
Noch ist WEtell mit seinem Geschäftsmodell ein verhältnismäßig kleiner Anbieter am Mobilfunkmarkt. Doch die Anzahl der Kundinnen und Kunden wächst kontinuierlich auf inzwischen 26.000. Damit einhergehend und für das Unternehmen mindestens genauso wichtig: Seit Marktstart wurden bereits 825 Tonnen CO2 kompensiert und weitere 500 Tonnen sind für das Jahr 2025 geplant.
Nachhaltigkeit hat seinen Preis: Die Tarife des Freiburger Unternehmens bewegen sich auf dem umkämpften Mobilfunkmarkt im höheren Preissegment. Zudem finanziert WEtell sein Wachstum über Crowdinvesting-Kampagnen.
Die Gründerinnen und Gründer von WEtell haben dieses Prinzip inzwischen langfristig auch in der Struktur des Unternehmens verankert, sodass die beabsichtigte Gemeinwohlorientierung zwingend auch in Zukunft gelebt werden muss. Dazu wurde das Unternehmen in eine besondere Eigentumsstruktur überführt: das Verantwortungseigentum.
So geht es weiter
Die Gründerinnen und Gründer von WEtell möchten ihr Wissen und ihre Vision in der Unternehmenswelt verbreiten. Auch andere Unternehmen sollen ihrem Vorbild folgen können. Deshalb unterstützen sie diese beispielsweise aktiv dabei, klimaneutral zu werden oder engagieren sich im Rahmen von Vorträgen, Vorlesungen, Messen und in Podcasts oder in Netzwerken und Verbänden.
WEtell setzt sein Wachstum stetig fort und plant, sein Erfolgsmodell zukünftig sogar über den Mobilfunkmarkt hinaus in ähnlich gelagerte Branchen zu übertragen.

Alexander Sonntag ist Leiter des Fachbereichs „Digitalisierung und Innovation“ beim RKW Kompetenzzentrum
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